Meine Pressemitteilung vom 02.10.2020 zum Ergebnis des Verfassungsreferendums in Algerien.
Die Verfassung in Algerien zu reformieren, ist per se ein sinnvoller Schritt. Doch dies sollte in einem alle Gesellschaftsteile miteinbeziehenden transparenten und kooperativen Dialogprozess geschehen.
Leider ist dies im Fall des am Sonntag zur Abstimmung gestellten Verfassungsentwurfs nicht passiert. Die äußerst geringe Wahlbeteiligung von weniger als 25 Prozent der Wahlberechtigten spricht eine
deutliche Sprache und zeigt, dass die Mehrheit der Algerierinnen und Algerier von dem Prozess nicht überzeugt war.
Auch der im Referendum angenommene Verfassungsentwurf selbst lässt viele Fragen offen, zum Beispiel bleibt infolge sehr breit gefasster Formulierungen unklar, wie groß die zukünftige Rolle der Armee sein wird. Ähnliches gilt für die Formulierung zur Pressefreiheit, die dazu missbraucht werden könnte, gegen kritischen Journalismus vorzugehen. Ein Blick auf die zahlreichen Verfahren gegen kritische Journalistinnen und Journalisten in den vergangenen Monaten zeigt, dass die Pressefreiheit in der Verfassung viel stärker verankert werden müsste. Auch der Einfluss des Präsidenten auf die Justiz bleibt hoch.
Die Bundesregierung sollte daher ihren algerischen Gesprächspartnern deutlich machen, dass die Verhaftung kritischer Journalistinnen und Journalisten der falsche Weg ist, um Algerien in einen demokratischeren und wirtschaftlich prosperierenden Staat zu transformieren.