Meine Pressemitteilung vom 08.07.2020 angesichts der Blockade im UN-Sicherheitsrat von grenzüberschreitender humanitärer Hilfe in Syrien durch Russland und China.
Russlands und Chinas Weigerung, notleidenden Menschen in Syrien gerade jetzt grenzüberschreitende Hilfe zu gewähren, ist blanker Zynismus. Ihre Blockade im UN-Sicherheitsrat gegen eine Resolution zur Verlängerung grenzüberschreitender Hilfe in Syrien ist humanitär eine Katastrophe und zerstört das Vertrauen in die Arbeitsweise der Vereinten Nationen.
Der Zeitpunkt dieser Nachricht ist besonders verheerend aus mehreren Gründen: Die UN hat in Syrien gerade die schlimmste Hungersnot seit Beginn des Krieges vor 9 Jahren festgestellt; ein Bericht des UN-Menschenrechtsrats hat diese Woche nachgewiesen, dass Syriens Präsident Assad systematisch Dutzende Kliniken, Schulen und Märkte in der Provinz Idlib aus der Luft bombardiert hat. Solche Kriegsverbrechen hat er seit Jahren in Syrien begangen und zugleich humanitäre Hilfe in Oppositionsgebiete verweigert. Die Corona-Krise macht humanitäre Hilfe gerade in Flüchtlingslagern und zerstörten Gebieten akut notwendig.
Im Nordwesten Syriens sind rund 2,8 Millionen Menschen zum Überleben auf Nahrungsmittelhilfen der Vereinten Nationen angewiesen. Für viele von ihnen ist die grenzüberschreitende Versorgung die einzige Möglichkeit, humanitäre Hilfe zu erhalten. Daher hatten sich Deutschland und Belgien im UN-Sicherheitsrat um einen Kompromiss bemüht, die Hilfe um ein weiteres Jahr zu verlängern. Sie sind jedoch an der kalten Front Russlands und Chinas gescheitert.
Wer wie Russland argumentiert, Syrien sei ein normales Land und könne selbst seine Bürgerinnen und Bürger versorgen, lenkt von der humanitären und wirtschaftlichen Katastrophe im Land ab. Zudem ist in den vergangenen Jahren offensichtlich geworden, dass Assad kein Interesse daran hat, die Teile seiner Bevölkerung zu versorgen, die sich mit seiner Repression nicht arrangieren. Dabei hat er seit 2011 skrupellose Methoden angewendet wie gezieltes Aushungern von ganzen Städten und Gemeinden, systematische Folter, Zerstörung medizinischer Einrichtungen und Gängelung von Hilfsorganisationen im Land, die ihrem humanitären Auftrag nachkommen wollten. Solange Assad seine menschenverachtende Politik fortführt und jede politische Lösung des Konflikts blockiert, werden weiterhin sehr viele Menschen auf Hilfe von außen dringend angewiesen sein.
Am Freitag läuft die bisherige UN-Resolution aus, die so genannte Cross-Border-Lieferungen über zwei Grenzübergänge zur Türkei erlaubt hatte. Die Bundesregierung muss bis zur letzten Möglichkeit alles dafür tun, um einen Kompromiss zu Gunsten der Zivilbevölkerung zu erzielen. Seit 2014 konnte humanitäre Hilfe grenzüberschreitend nach Syrien geliefert werden. Falls bis Freitag nicht doch noch ein Durchbruch gelingt, ist dies eine schwarze Woche für die Not leidenden Menschen in Syrien, für die internationale Praxis humanitärer Hilfe und für die Arbeit der Vereinten Nationen.