Das zentrale Motiv der Proteste gegen die Unterdrückung im Iran waren immer die Frauenrechte. Dementsprechend ist das, was #MahsaAmini passiert ist, stelltvertretend für ein Problem, das viele Facetten hat. Die Hälfte der Bevölkerung im Iran darf sich nicht annähernd so kleiden, wie sie will. Töchter bekommen nur die Hälfte des Erbes, das ihre Brüder bekommen. Sie dürfen nicht Richterinnen werden. Wenn sie klagen, kann es sein, dass sie dafür ins Gefängnis kommen. Frauen werden öffentlich für Verstöße gegen die Kleidungsvorschriften gezüchtigt.
Es gibt seit über 40 Jahren eine lange Liste an Gräueltaten. Der Tod von Mahsa Amini zeigt einmal mehr dieses Grauen. Die Leute wollen nicht mehr bevormundet werden und ein System aushalten, das ausschließlich auf Gängelung ausgerichtet ist.
Das Regime hat in der Vergangenheit gezeigt, dass es ohne jede Rücksicht Gewalt gegen die eigene Bevölkerung anwendet. Dennoch ist die Lage diesmal anders, weil es sehr viele Stimmen auch aus dem Regime selbst gibt, die kritisieren, was passiert ist. Es gibt jetzt mindestens acht Tote. Es steht alles auf der Kippe.
Die Menschen haben ihre Wünsche nach Veränderung jahrzehntelang artikuliert und keinen Glauben mehr an Reformen und Reformer. Sie schreiben den Regimewechsel nicht auf ihre Fahnen, aber sie halten dieses Regime einfach nicht mehr aus. Es gehen neuerdings zwar regimetreue Menschen ins Fernsehen und sagen: 80 Prozent der Frauen tragen das Kopftuch ohnehin nicht so, wie es im Gesetz steht. Und sie fragen: Sollten wir dann nicht mal das Gesetz ändern? Ich bezweifle aber, dass das Regime noch die Kraft für grundlegende Reformen hat.