Meine Pressemitteilung vom 16.07.2020 zu den Verhandlungen über die Befüllung des Grand Ethiopian Renaissance Damm am Blauen Nil.
Die im Rahmen der Afrikanischen Union geführten Verhandlungen zwischen Ägypten, Äthiopien und Sudan über die Befüllung des Grand Ethiopian Renaissance Damm am Blauen Nil sind vorerst gescheitert. Um eine militärische Eskalation des Nilwasserkonflikts insbesondere zwischen Ägypten und Äthiopien zu verhindern, muss Deutschland als Vorsitzender des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen die Thematik dort unverzüglich auf die Tagesordnung setzen.
Zudem sollten die Verhandlungen auf Ebene der Staatschefs fortgesetzt werden, da das Ausbleiben einer Einigung weniger technische als vor allem politische Gründe hat. Es ist zudem wichtig, dass Deutschland und auch seine europäischen Partner beiden Seiten deutlich machen, dass eine weitere Emotionalisierung des Konflikts eine Lösung weiter erschweren wird.
Im Zentrum des Streits steht die Befüllung des Stausees. Durch sie verringert sich die stromabwärts in Ägypten ankommende Wassermenge des Nils, weshalb es in den Verhandlungen in erster Linie um die Dauer dieser Befüllung geht, für die ungefähr sieben Jahre veranschlagt werden. Insbesondere für Ägypten ist die Länge des Zeitraums der Befüllung existentiell, da der Nilstaat etwa 90 Prozent seines Frischwassers aus dem Nil bezieht. Ägypten befürchtet daher unter anderem zurecht, dass es große Teile seines Agrarlandes verlieren könnte. In den meisten technischen Details der Befüllung hatte man sich im Grunde geeinigt. Ungelöst blieb jedoch die Frage, wieviel Wasser Äthiopien anstauen darf, falls es zu einer über mehrere Jahre anhaltenden Dürre kommen sollte.
Es herrscht zunehmend Unklarheit, ob Äthiopien bereits begonnen hat, gegen den Willen Ägyptens und Sudans den Stausee zu befüllen. Am Mittwoch vermeldete das äthiopische Staatsfernsehen zunächst die Befüllung, wenige Stunden später dementierte jedoch der Wasserminister Sileshi Bekele. Auch Satellitenbilder nährten Spekulationen, dass die Befüllung bereits begonnen haben könnte. Einige Experten führten jedoch starke Regenfälle als eine alternative Erklärung für den am Damm angestiegenen Wasserspiegel an.
In den vergangenen Jahren waren aus Ägypten immer wieder Drohungen zu hören, dass man militärisch intervenieren würde, falls die ägyptische Position nicht berücksichtigt wird und Äthiopien den Damm ohne Einigung mit Kairo befüllen würde. Zwar spricht trotz der aufgeheizten Rhetorik einiges gegen eine militärische Eskalation zwischen Ägypten und Äthiopien. Aufgrund der großen Bedeutung des Nils für Kairo und der innenpolitischen Instrumentalisierung des Konflikts auf beiden Seiten kann sie jedoch auch nicht ausgeschlossen werden. Deshalb ist es wichtig, den gegenwärtigen Nilwasserkonflikt jetzt schnell und umfassend auf Ebene der Staatschefs diplomatisch zu lösen.