Meine Pressemitteilung vom 30.07.2021 zum kriegerischen Vorgehen der syrischen Regierung gegen die Bevölkerung.
Die Ruhe in Syrien trügt: Machthaber Assad tyrannisiert wieder verstärkt seine Bevölkerung im Norden wie im Süden des Landes. Seit dem diplomatischen Kompromiss im UN-Sicherheitsrat Mitte Juli zu grenzüberschreitenden Hilfsleistungen aus der Türkei haben die Luftangriffe auf die abtrünnige Provinz Idlib von Regierungsseite wieder zugenommen. Dabei kamen in den vergangenen zwei Wochen laut UN-Angaben neun Menschen ums Leben, darunter drei Kinder. Zugleich haben Regierungstruppen mit russischer Unterstützung seit 25. Juni begonnen, die südsyrische Provinz samt der Stadt Dara’a mit 50.000 betroffenen Einwohner*innen zu belagern. Damit sind die Bewohner*innen der ohnehin vernachlässigten Provinz täglich Hunger, medizinischer Not und Angst vor willkürlichen Verhaftungen im Falle einer Erstürmung ausgeliefert.
Das Vorgehen in Dara’a ist besonders perfide, da die Einwohner*innen dort unter russischer Vermittlung 2018 ein sogenanntes Versöhnungsabkommen mit dem syrischen Regime abgeschlossen hatten. Dies beinhaltete unter anderem, dass Rebellen aus Dara’a, der Geburtsstadt des syrischen Aufstands, ihre schweren Waffen der syrischen Armee übergaben und die Regierung die Grenzübergänge zu Jordanien übernahm. Seitdem hat sich Damaskus jedoch nicht an die Bedingungen gehalten und weiterhin Menschen vor Ort verhaftet oder verschwinden lassen – mindestens 1257 seit 2018 nach NGO-Angaben. Das Abkommen erodiert weiter und Russland schaut tatenlos zu. Nun sollen die Einwohner*innen weitere Bedingungen des Regimes einseitig akzeptieren wie Zwangsrekrutierungen und stärkere Präsenz des gefürchteten militärischen Geheimdienstes.
Diese Vorgehensweisen zeigen, dass Assad keinesfalls an einer Verbesserung der Lage seines Landes und einer Aussöhnung mit seiner Bevölkerung interessiert ist. Seit 2014 blockiert er den politischen Prozess unter UN-Führung in Genf und lehnt politische Reformen kategorisch ab. Stattdessen hat sich Assad im Juni dieses Jahres im Alleingang erneut als Präsident bestätigen lassen, obwohl die UN-Resolution 2254, die Grundlage des Genfer Prozesses ist, die Vorbereitung demokratischer Wahlen nach internationalen Standards vorsieht. Wie sich zeigt, hat sich weder die humanitäre Lage noch die Menschenrechtssituation für Syrer*innen in ihrem Heimatland oder für Rückkehrer*innen verbessert, sondern in manchen Gebieten gar verschlimmert. Ohne substanzielle politische Reformen darf es mit diesem Diktator keine Zusammenarbeit geben, weder die Lockerung von Sanktionen noch ein Entgegenkommen beim Wiederaufbau des Landes nach seinen Bedingungen.